Norma Driske
Ein paar Worte zu dir, wer bist du?
Hi, ich bin Norma. Ich hab mal Soziologie und Indologie studiert und in dem Studiengang gab es noch zwei andere Normas. Das war ziemlich verrückt und das einzige Mal, dass ich bisher jemanden getroffen habe, der so heißt wie ich. Aber noch viel, viel länger hab ich niemanden getroffen, der genauso sehr ins Internet und das Web verliebt war, wie ich damals, als ich mit einem Freund ein 56k-Modem an den analogen WG-Telefonanschluss gefummelt hatte. Und deswegen freu ich mich jetzt so, dass es diese Seite gibt, wo man viele Internetverliebte antreffen kann :-)
Ansonsten: Ich arbeite derzeit sehr gerne vier Tage die Woche als Full-Stack-Entwicklerin bei EntwicklerHeld in Dresden, teils remote und teils vor Ort. Full-Stack meint hier, dass ich sowohl für das Frontend mit JavaScript als auch für das Backend mit Python/Django programmiere. Ich engagiere mich gern ehrenamtlich, bin im Vorstand des Deutschen Django Vereins, Mentorin und Organisatorin bei der OpenTechSchool Leipzig und den Django Girls sowie bei anderen Events und bin Individual Member der Django Software Foundation.
Meine kreativen Phasen beginnen gerne mal nach 20 Uhr, dafür bin ich früh morgens zu fast nix zu gebrauchen. Einige Leute unterstellen mir eine gewisse Abhängigkeit von koffeinhaltigen Kalt- und Warmgetränken, gelegentlich auch von rosa Gummitierferkeln und Nachos, aber ich geb nix auf Gerüchte ;-) Ach und, ich mag Katzen, Alf und Bosnien-Herzegowina.
Wie und wann hast du mit dem Programmieren begonnen?
In der Schule haben wir Grundlagen von Basic und Pascal gelernt. Mit dem Web hab ich mich zum ersten Mal während meines nicht-technischen(!) Studiums beschäftigt und der eigentliche Grund war meine Faulheit: Im Freundeskreis hatten wir eine Bundesligafußball-Tipprunde und jede Woche wurden Excel-Tabellen rumschickt, wo die Tipps eingetragen werden mussten. Schrecklich umständlich, fehleranfällig und langwierig, weil man, wegen der Geheimhaltung der Tipps, alles immer am Spieltag zusammenkopieren musste, furchtbar! Ich wollte das unbedingt über das Internet realisieren und halbwegs automatisieren, auch die Punktevergabe. Also hab ich angefangen zu gucken, wie das funktionieren könnte und Stefan Münz und selfhtml.org waren meine besten Freunde!
Ich hab am Web und seinen Technologien nie das Interesse verloren und auch nicht die Liebe für freies Wissen im Netz und freie Software im Allgemeinen. Bedingt durch meine Arbeit nach dem Studium hab ich einige Jahre keine Zeit gehabt, mich intensiver mit allem zu befassen.
Nach einer längeren Reiseauszeit beschloss ich aber, nicht in den alten Beruf als Projektleiterin zurückzukehren, sondern mich bei IT-Firmen zu bewerben und das Programmieren richtig zu lernen. Das fanden viele Leute etwas durchgeknallt und hoch risikohaft, denn ich war ja schon über 30 Jahre alt und da sollte man sich doch langsam festgelegt haben im Leben. Diese Denke ist aber Käse, sagt schließlich auch der Zen of Python ;-) - Now is better than never.
Ein duales Studium der Informatik hab ich dann neben der Arbeit in einer Leipziger IT-Firma begonnen und abgeschlossen. Ich bin mir aber immer noch nicht sicher, ob das so notwendig war. Die meisten Dinge, die ich heute kann, hab ich mir selbst beigebracht und vor allem von meinen Mentoren <3 gezeigt und erklärt bekommen. Und so ist mein einsames Hobby heute absoluter Lieblingsberuf geworden!
Was magst du besonders am Programmieren?
Am Programmieren mag ich besonders, wenn irgendetwas, wovon ich vorher keine Ahnung hatte, am Ende funktioniert und ein Problem löst. Außerdem finde ich alle Automatisierungen großartig und erfreue mich an der Zeitersparnis oder dass man keine langweiligen, wiederholenden Tätigkeiten mehr machen muss. Außerdem ist es kreativ, weil ich auf verschiedenen Wegen und mit verschiedenen Technologien, ein Problem lösen kann. Und ich mag auch, dass ich nur meinen Laptop brauche, und egal, wo ich bin, in eine riesige, bunte Welt eintauchen kann. Am meisten fasziniert mich aber, dass Programmieren grenzüberschreitend und verbindend ist, Python “sprechen” Menschen in Bangladesh und Nigeria genauso wie in Leipzig, es ist großartig, wenn man zusammen etwas entwickeln und schaffen kann.
Was ist gerade dein Lieblingsprojekt?
Hackerinnen.space natürlich!
Was würdest du gern zukünftig einmal probieren/lernen/können?
Es gibt so viele Dinge, die ich noch probieren und lernen möchte, nicht nur im IT-Bereich! Aber dort möchte ich mich gern in Zukunft etwas intensiver mit der Auswertung von Daten, Berechnungen und deren Darstellung befassen.
Was war bisher deine größte Herausforderung als Programmierer*in?
Ich glaub, die größte Herausforderung war, den Gedanken zu zulassen, dass ich überhaupt eine Programmiererin sein könnte. Persönlich kannte ich niemanden aus meinem Umfeld, der in der IT arbeitete, den ich hätte fragen können oder geschweige denn, dass ich mich gleich getraut hätte, das irgendwo zu formulieren, aus Angst, alle lachen sich kaputt, dass die Geisteswissenschaftlerin jetzt in IT macht. Aber was solls, jetzt lache eher ich :-)
Das längere Reisen hat mir dabei sehr geholfen, Abstand zu gewinnen und darüber nachzudenken, wie ich leben will, was ich jeden Tag arbeiten will, warum und wie und mit wem. Das Ergebnis war ziemlich eindeutig, der erste Schritt (die ganzen Bedenken abschütteln) aber dennoch schwer.
Hast du Vorbilder?
Nein. Ich verbinde mit dieser Frage und dem Wort “VOR-Bild” immer, dass man so sein möchte, wie jemand anderes oder etwas genauso machen will, wie jemand anderes irgendwas mal gemacht hat. Persönlich habe ich eher so eine Insel-Philosophie: jeder Mensch ist seine eigene Insel, daher sind Vergleiche mit einem Vorbild und Personenkulte, was ich immer damit assoziiere, für mich nicht zielführend. Wichtig ist in meinen Augen, dass man bei sich selbst hinhört, was man will, was der Bauch sagt, was einem wichtig ist, dass man ehrlich zu sich selber ist: Sich selbst für sich selbst zum Vorbild machen, sich die eigene Insel schön machen quasi :-) Und dabei hilft es manchmal sehr, Geschichten anderer Menschen zu lesen oder zu hören, darüber, wie die ihre Inseln aufgehübscht haben und einem so in bestimmten Situationen implizit weiterhelfen. Dafür ist ja auch dieses Projekt hier gedacht!
Wenn man Vorbild in dieser abstrakteren Form versteht, dann liebe ich in eigentlich jeder Lebenslage Geschichten von mutigen Menschen. Whistle-Blower find ich mutig, Menschen aus der LGTB-Bewegung, First-Time-Speaker auf Konferenzen, Leute, die sich über ihre Krankheiten lustig machen und unzählig andere Alltagshelden, deren Namen ich oft nicht mal kenne.
Welches Klischee übers Programmieren kannst du sofort widerlegen?
Ich höre oft: Programmieren? Ist das nicht langweilig? - NEIN! Im Gegenteil, es ist das abwechslungsreichste, was ich mir vorstellen kann: kreativ, kommunikativ, nachdenklich, überraschend, niemals eintönig und immer im Fluss!
Hast du eine Buch / Podcast / Tutorial / Film oder Event-Empfehlung?
Ich finde generell Konferenzen sinnvoll, wenn man sich neuen Input holen möchte und Menschen treffen möchte, die gerade an ähnlichen Problemen arbeiten, wie man selbst. Am besten fährt man auf Konferenzen in andere Länder, dann trifft man interessante Leute und neue Perspektiven. Ich war bisher auf Konferenzen der Django und Python Community, die ich sehr empfehlen kann, gerade auch, wenn man noch nicht so lange im Tech-Bereich unterwegs ist, die Willkommenskultur wird da sehr gepflegt. Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man sich den Congress des Chaos Computer Clubs unbedingt gönnen, ein großartiges, buntes und ganz besonderes Event!
Wenn man Programmieren lernen will und vielleicht niemanden kennt in seinem Umfeld, dann sind Meetups eine super Sache, z.B. hier in Leipzig unsere wöchentlichen OpenTechSchool Meetups. Für den Einstieg ist auch die Teilnahme an einem Django Girls Workshop super geeignet.