Yvonne Plotz
Ein paar Worte zu dir, wer bist du?
Hey, ich bin Yvonne. Nach dem Abi habe ich mich ganz in die Welt der Bücher verzogen und ein FSJ Kultur in der sozialen Bibliotheksarbeit begonnen. Da fuhr ich zu älteren Menschen, um sie mit Literatur, Hörbüchern oder Filmen zu versorgen. Danach konnte ich direkt eine Ausbildung bei den Städtischen Bibliotheken Dresden dranhängen und wollte das dann noch mit einem Bibliotheksstudium toppen. Mit einem kurzen Umweg über Germanistik und diverser Nebenfächer musste ich aber einsehen, dass die Uni und ich keine Freunde werden. Das Selbstorganisierte der Uni fiel mir zuweilen schwer und mit zwei Nebenjobs, die ich brauchte, um noch mehr Bücher zu kaufen, rückte die Uni irgendwie in den Hintergrund.
Was nun? Ich hatte Lust auf was neues, aber keine Ahnung wo ich anfangen sollte.
Wie und wann hast du mit dem Programmieren begonnen?
In der Schule hatte ich Informatik, allerdings konnte ich damals noch so gar nichts damit anfangen. Im Nachhinein finde ich das sehr schade, denn hätte ich damals schon angefangen mich damit zu beschäftigen, hätte ich jetzt schon so viele coole Dinge lernen können.
Ich bin also vor 3 Jahren auf die Seite der Code Girls und deren Workshops gestoßen - und hatte Blut geleckt. Über Umwege kam ich dann auf einen Django-Workshop im Basislager und merkte, dass mir Programmieren ziemlich viel Spaß macht. Ein drittes Studium wollte ich nicht abbrechen, deshalb dachte ich mir, dass ich es mit einer Ausbildung versuche. Seit 2019 bin ich nun Auszubildene für Fachinformatik (Richtung Anwendungsentwicklung) und 2022 fertig (aufregend!!!).
Was magst du besonders am Programmieren?
Am Programmieren gefällt mir besonders gut, dass man mit Sprachen Welten bauen kann. Ich schreibe ein paar Buchstaben, die zusammen am Ende viele Codedateien ergeben, die wiederrum eine Webseite oder eine App oder etwas was ich mir völlig frei ausdenke, erschaffen. Manchmal fehlt ein Zeichen irgendwo und macht den Code buggy. Wenn ich das dann finde und behebe, funktioniert auf einmal wieder alles; das ist ein herrliches Gefühl. Auch das Lösen von Aufgaben und Finden von Fehlern empfinde ich als extrem befriedigend. Das hat mir in der Bibliothekswelt gefehlt.
Was ist gerade dein Lieblingsprojekt?
Ich bin immer noch sehr frisch in der IT-Welt und habe noch kein privates Projekt. Aber das Projekt, an dem ich in meiner Ausbildung arbeite ist soweit interessant, als dass ich viel lernen kann. Es ist grob gesagt ein Tool, um Mitarbeiter*innen ab- oder anzumelden (wenn sie das Unternehmen verlassen oder neueinsteigen), inklusive der Löschung und des Anlegens aller Accounts, die so nötig sind.
Was würdest du gern zukünftig einmal probieren/lernen/können?
Einen Chatbot würde ich gern bauen und auch eine Tiles-World finde ich sehr spannend. Ich würde auch gern etwas über Apps lernen oder ein kleines eigenes Jump-and-Run-Spiel programmieren.
Was war bisher deine größte Herausforderung als Programmierer*in?
Das war definitiv sich aus meinem ersten Ausbildungsbetrieb zu lösen. Als ich mich für einen Ausbildungsplatz beworben hatte, kamen nur zwei Einladungen aus 30 Bewerbungen wieder. Der Betrieb, der es dann wurde erschien mir okay, ich hatte mir kaum Gedanken gemacht, was ich erwarten könnte und dachte mir, “Sei nur froh, dass du als Frau Ende 20 überhaupt etwas bekommen hast”. Heute denke ich da anders und selbstbewusster aber damals wollte ich bloß keine Ansprüche stellen. Die Kollegen waren zu mir nett, konnten aber keinen Tag ohne sexistische oder rassistische Kommentare zu allen möglichen Themen vergehen lassen. Dazu kam, dass meine Aufgaben sich auf Handbücher schreiben, Plakate gestalten und Facebook-Posts verfassen beschränkten. Es kostete mich einiges an Zeit und Mut, mich anderweitig zu bewerben, aber zum 2. Lehrjahr hatte ich einen neuen Betrieb gefunden und bin seitdem sehr glücklich. Endlich lerne ich programmieren und fühle mich meistens wohl im Team, als einzige Frau.
Hast du Vorbilder?
Mir fällt spontan keine Person ein, die ich als Vorbild bezeichnen würde. Aber ich kenne Menschen, deren Handlungen ich mir zum Vorbild nehmen möchte. Das sind Personen, die mutig genug sind, aus Lebenssituationen auszusteigen, die ihnen nicht gut tun. Das sind auch Personen, die offen und hilfsbereit sind, die Fehler eingestehen und Anderen Fehler zugestehen. Das sind die Leute von den Haecksen Leipzig, die ich kennenlernen durfte und die alle meinten, sie wären ängstlich gewesen, nach anderen Haecksen und Vernetzung zu suchen und dann den Mut hatten zum ersten Haecksen Treffen zu kommen.
Welches Klischee übers Programmieren kannst du sofort widerlegen?
Es sind nicht nur Einsen und Nullen, du musst nicht auf 50 LAN-Partys gewesen sein oder schon mit 12 deinen eigenen Computer gebaut haben, um dich Programmierer*in nennen zu dürfen. Ich weiß nicht auswendig, welche Arten von USB-Steckern es gibt oder wieviel Byte ein Mebibyte hat, aber ich lerne jeden Tag dazu und finde, es gibt keinen Tag X ab dem man sich Programmierer*in nennen darf. Tu es einfach und fühl dich gut damit :).
Hast du eine Buch / Podcast / Tutorial / Film oder Event-Empfehlung?
Ich liebe die Serie Mr. Robot, die Stimmung der Serie und den Fokus auf das Hacking finde ich spannend. Den Haecksen-Podcastmöchte ich empfehlen und natürlich das Jahresendevent des CCC und der Haecksen.